10 Feb. Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) + WordPress: Was du wissen musst!
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) tritt am 28. Juni 2025 in Kraft und setzt den European Accessibility Act (EAA) in deutsches Recht um. Ziel ist es, digitale Produkte und Dienstleistungen für alle Menschen, insbesondere für Menschen mit Behinderungen, zugänglich zu machen. Dazu gehören unter anderem Websites, Online-Shops auf WordPress-Basis.
Unternehmen, die sich nicht an die Vorgaben halten, müssen mit Bußgeldern oder Abmahnungen rechnen. Besonders für Betreiber von WordPress-Websites ist es wichtig, sich rechtzeitig auf die neuen Anforderungen vorzubereiten.
Für wen gilt das BFSG?
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betrifft:
- Betreiber von Online-Shops und E-Commerce-Plattformen
- Anbieter von Bankdienstleistungen und Telekommunikation
- Unternehmen im Personenverkehr mit digitalen Dienstleistungen (z. B. Online-Ticketbuchung)
- Betreiber von Websites im elektronischen Geschäftsverkehr (z. B. Buchungsportale, Ticketservices)
- Hersteller von E-Book-Readern und Software
Ausnahmen:
Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz unter 2 Millionen Euro sind teilweise ausgenommen, müssen aber in bestimmten Fällen dennoch barrierefreie Produkte bereitstellen.
Was bedeutet digitale Barrierefreiheit für WordPress-Websites?
Websites und Online-Shops müssen ab 2025 barrierefrei sein. Dabei gelten die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 Level A und AA als Standard.
Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 sind ein international anerkannter Standard zur Verbesserung der Barrierefreiheit von Webinhalten. Sie legen Richtlinien fest, damit digitale Inhalte für Menschen mit Behinderungen leichter zugänglich sind. Die Richtlinien sind in drei Konformitätsstufen unterteilt: Level A, AA und AAA.
Erklärung der WCAG 2.1 Level A und AA
Level A (grundlegende Barrierefreiheit):
- Stellt sicher, dass keine gravierenden Barrieren für Menschen mit Behinderungen bestehen.
- Anforderungen:
- Alternativtexte für Bilder
- Tastaturbedienbarkeit (keine Maus zwingend erforderlich)
- Kein automatisches Abspielen von Audio-Inhalten
- Verzicht auf rein farbbasierte Informationen
- Kein Inhalt, der Anfälle auslösen könnte (z. B. blinkende Elemente)
Level AA (empfohlene Barrierefreiheit, gesetzlich oft vorgeschrieben):
- Geht über die grundlegende Barrierefreiheit hinaus und sorgt für eine bessere Nutzererfahrung.
- Anforderungen zusätzlich zu Level A:
- Mindestens 4,5:1 Kontrastverhältnis zwischen Text und Hintergrund
- Untertitel für aufgezeichnete Videos
- Anpassbare Textgröße, ohne dass Inhalte verloren gehen
- Vermeidung von Zeitbeschränkungen oder Bereitstellung alternativer Methoden
- Keine störenden Bewegungen, die nicht gestoppt werden können
Erklärung der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 Level A
Alternativtexte für Bilder
Bilder sollten stets mit beschreibenden Alternativtexten (Alt-Texten) versehen werden. Dies ermöglicht es Screenreadern, den Bildinhalt für sehbehinderte oder blinde Nutzer vorzulesen. Der Alt-Text sollte präzise und aussagekräftig sein, sodass er den visuellen Inhalt angemessen beschreibt, ohne unnötige Informationen hinzuzufügen. Besonders wichtig ist dies für informative Bilder, Diagramme und Schaubilder.
Möglicher Alt-Text: Ein leuchtend grüner Frosch mit auffallend roten Augen sitzt seitlich auf einem dünnen, grünen Ast. Seine Zehen sind intensiv orange gefärbt und umklammern den Ast fest. Auf der Flanke und den Hinterbeinen zeichnet sich ein blaues Muster ab, das in schmalen Streifen verläuft. Die Haut des Frosches wirkt leicht strukturiert, vor allem am Bauch ist ein feines, netzartiges Muster erkennbar. Der Hintergrund ist dunkel und unscharf, wodurch die kräftigen Farben des Frosches stark hervortreten. Der Frosch streckt sich lang über den Ast, sodass sein Körper beinahe parallel zum Ast verläuft. Seine große, rote Iris mit einer vertikalen Pupille bildet einen markanten Kontrast zum grünen Kopf.
Tastaturbedienbarkeit (keine Maus zwingend erforderlich)
Eine barrierefreie Website muss vollständig über die Tastatur bedienbar sein, damit Nutzer mit motorischen Einschränkungen oder Menschen, die keine Maus verwenden können, die Inhalte problemlos navigieren können. Dazu gehören unter anderem das Navigieren durch Menüs, das Aktivieren von Links und das Ausfüllen von Formularen. Alle interaktiven Elemente müssen über die Tabulator-Taste erreichbar sein und eine visuelle Hervorhebung erhalten, wenn sie fokussiert sind.
Kein automatisches Abspielen von Audio-Inhalten
Automatisch startende Audiodateien können für viele Nutzer störend oder sogar belastend sein, insbesondere für Menschen mit sensorischen Einschränkungen oder kognitiven Beeinträchtigungen. Daher sollten Audiodateien nur auf ausdrückliche Nutzerinteraktion hin abgespielt werden. Falls eine automatische Wiedergabe erforderlich ist, sollte es eine klare Möglichkeit geben, den Ton zu pausieren oder zu stoppen.
Verzicht auf rein farbbasierte Informationen
Farben sollten nicht als einziges Mittel zur Informationsvermittlung verwendet werden. Menschen mit Sehbehinderungen oder Farbenblindheit könnten diese Informationen sonst nicht erfassen. Stattdessen sollten wichtige Informationen durch zusätzliche visuelle Hinweise wie Symbole, Unterstreichungen oder Texte ergänzt werden. Beispielsweise sollten Fehlermeldungen in Formularen nicht nur durch eine rote Farbe, sondern auch durch eine entsprechende Textmeldung gekennzeichnet werden.
Kein Inhalt, der Anfälle auslösen könnte (z. B. blinkende Elemente)
Blinkende oder flackernde Inhalte mit einer Frequenz zwischen 3 und 50 Hertz können bei empfindlichen Nutzern epileptische Anfälle auslösen. Daher sollten solche Effekte grundsätzlich vermieden oder nur mit einer optionalen Abschaltmöglichkeit bereitgestellt werden. Falls bewegte Inhalte genutzt werden, sollte es eine Möglichkeit geben, diese zu pausieren oder zu stoppen.
Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 Level AA
Mindestens 4,5:1 Kontrastverhältnis zwischen Text und Hintergrund
Ein ausreichender Farbkontrast ist essenziell für Menschen mit Sehbehinderungen. Die WCAG 2.1 schreibt ein Mindestkontrastverhältnis von 4,5:1 für normalen Text und 3:1 für große Schrift vor. Dadurch wird sichergestellt, dass Texte gut lesbar sind, auch für Menschen mit eingeschränkter Sehkraft oder Farbenblindheit.
Barrierefreie Darstellung der Website am Bsp. von www.jurific.de
Untertitel für aufgezeichnete Videos
Videos sollten immer mit Untertiteln versehen sein, um hörgeschädigten Nutzern den Zugang zu den Informationen zu ermöglichen. Dies gilt insbesondere für Informationsvideos, Schulungsmaterial oder Marketinginhalte. Untertitel helfen nicht nur Menschen mit Hörbehinderungen, sondern auch Nutzern, die Videos in einer lauten Umgebung ansehen.
Anpassbare Textgröße, ohne dass Inhalte verloren gehen
Benutzer sollten die Möglichkeit haben, die Schriftgröße zu vergrößern, ohne dass die Inhalte der Website unleserlich oder unbrauchbar werden. Eine flexible Gestaltung des Layouts sorgt dafür, dass Texte und andere Inhalte sich dynamisch anpassen und weiterhin gut nutzbar bleiben.
Vermeidung von Zeitbeschränkungen oder Bereitstellung alternativer Methoden
Websites sollten keine unnötigen Zeitlimits setzen, die Nutzer unter Druck setzen oder den Zugang zu Inhalten erschweren. Falls Zeitbeschränkungen unumgänglich sind, sollte es Optionen geben, diese zu verlängern oder zu deaktivieren, damit alle Nutzer ausreichend Zeit zur Nutzung der Website haben.
Keine störenden Bewegungen, die nicht gestoppt werden können
Animationen und bewegte Inhalte sollten nur sparsam eingesetzt werden und immer eine Möglichkeit bieten, sie zu pausieren oder zu deaktivieren. Ständig bewegende oder automatisch scrollende Elemente können Nutzer ablenken oder Schwierigkeiten bei der Nutzung verursachen.
Level AAA – Höchster Standard der Barrierefreiheit
Level AAA ist die höchste Stufe der Barrierefreiheit gemäß den WCAG 2.1. Während Level A und AA die grundlegenden und empfohlenen Anforderungen abdecken, beinhaltet Level AAA weitergehende Maßnahmen für eine noch bessere Nutzerfreundlichkeit. Dazu gehören unter anderem eine noch stärkere visuelle Anpassung, eine verbesserte Lesbarkeit durch größere Schriftarten, eine Gebärdensprachunterstützung für audiovisuelle Inhalte und eine noch präzisere Sprachkontrolle bei Navigation und Formularen. Websites, die Level AAA erfüllen, bieten die höchstmögliche Zugänglichkeit für alle Nutzer, allerdings sind diese Anforderungen oft schwierig in vollem Umfang umzusetzen.
Wie kann ich meine WordPress-Website barrierefrei machen?
Hier sind einige Tipps zur Umsetzung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) mit WordPress:
1. Barrierefreies WordPress-Theme nutzen
Ein barrierefreies Theme stellt sicher, dass deine Website die WCAG-Standards erfüllt. Diese Themes bieten bereits integrierte Barrierefreiheitsfunktionen wie ausreichenden Farbkontrast und Tastatur-Navigation.
Empfohlene barrierefreie Themes:
- Kadence: Ein leichtgewichtiges, flexibles Theme mit starken Anpassungsmöglichkeiten.
- GeneratePress: Performance-optimiert und kompatibel mit Screenreadern.
- OceanWP: Inklusive Design-Optionen zur Verbesserung der Zugänglichkeit.
2. Plugins zur Barrierefreiheit
Plugins helfen dabei, eine bestehende Website ohne großen Aufwand barrierefrei zu gestalten. Diese Erweiterungen erleichtern es, den Kontrast zu optimieren, Navigationselemente zugänglicher zu machen und alternative Bedienungsmöglichkeiten anzubieten.
Empfohlene Plugins:
- WP Accessibility: Fügt wichtige Barrierefreiheitsfunktionen wie Textskalierung, ARIA-Landmarks und Kontrasteinstellungen hinzu.
- One Click Accessibility: Eine einfache Lösung zur Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit durch Anpassungen an Kontraste, Tastaturnavigation und mehr.
- UserWay Accessibility Widget: Ermöglicht eine Vielzahl von Anpassungen für Barrierefreiheit, ohne den Code der Website zu verändern.
Unterstützung bei der Umsetzung barrierefreier WordPress-Websites
Die Umsetzung einer barrierefreien Website kann komplex sein, insbesondere wenn man sich erstmals mit den Anforderungen des BFSG und den WCAG 2.1 Standards auseinandersetzt. Unsere JURIFIC-DAO ist darauf spezialisiert, WordPress-Websites nach WCAG 2.1 Level AA bereitzustellen. Wir prüfen bestehende Websites, identifizieren Barrieren und setzen technische Lösungen um, um die Konformität mit den gesetzlichen Anforderungen sicherzustellen. Kontaktiere uns gerne für eine individuelle Beratung und die Umsetzung einer barrierefreien Website, die den rechtlichen Anforderungen entspricht.
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FAQ – Häufig gestellte Fragen
Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)?
Das BFSG setzt die europäische Richtlinie zur Barrierefreiheit in deutsches Recht um. Es verpflichtet Unternehmen, digitale Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten.
Wann tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft?
Das Gesetz tritt am 28. Juni 2025 in Kraft. Ab diesem Datum müssen betroffene Unternehmen ihre Websites und digitalen Dienstleistungen barrierefrei anbieten.
Wer ist vom Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betroffen?
Das BFSG betrifft Betreiber von Online-Shops, Banken, Telekommunikationsanbieter, den Personenverkehr und alle Unternehmen, die Websites oder digitale Dienstleistungen für Verbraucher bereitstellen. Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz unter 2 Millionen Euro sind teilweise ausgenommen.
Was müssen Unternehmen tun, um das BFSG einzuhalten?
Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Websites den WCAG 2.1 Standards entsprechen. Dazu gehören barrierefreie Navigation, optimierte Kontraste, alternative Texte für Bilder und barrierefreie Formulare.
Welche Strafen drohen bei Nichtbeachtung des BFSG?
Bei Verstößen gegen das Gesetz drohen Bußgelder von bis zu 100.000 Euro sowie Abmahnungen durch Mitbewerber oder Verbraucherschutzorganisationen.